Samstag, 25. September 2010

Welcome to University City


Am Wochenende haben wir dann erst mal die Stadt erkundet, sowohl zu Fuß als auch mit dem Fahrrad, was hier als allgemeines Verkehrsmittel gilt. Übrigens habe ich auch, wie sollte es anders sein, gleich fast meinen ersten Unfall hier gebaut. Da überlebt man den höllischen New Yorker Verkehr und kommt ins kleine idyllische Cambridge und mir nichts dir nichts kommen die Autos auf einmal von der verkehrten Seite! Hat einige Tage gedauert, aber jetzt hat man sich daran gewöhnt auf der linken Seite zu fahren und beim Straße überqueren nicht wie früh als Kind gelernt, links-rechts-links zu gucken, sondern rechts-links-rechts. Diese Engländer...



Cambridge liegt im Bezirk Cambridgeshire im Südosten Englands, das auch als Kornkammer Englands gilt. Die Stadt entstand um dem Fluss "Cam" schon zur Römerzeit, was man auch an vielen alten Bauten sehen kann. Da es ein paar Professoren in Oxford (die andere große Universitätsstadt in England) zu bunt wurde, kamen sie nach Cambridge um hier eine neue große Universität aufzubauen: die Cambridge University. Die ist nach all den Jahren ziemlich gewuchert, sie hat ganze 31 einzelne Colleges (quasi Tochteruniversitäten) unter sich. Die findet man auch überall in der Stadt verteilt, den Berühmtheitsgrad bzw. den Reichtum erkennt man auch sofort am Prunk der Gebäude. Die berühmtesten davon sind wohl das King's College und das Trinity College. Jedes College hat auch seine eigene Kapelle mit Chor, die natürlich wie all die College Sportmannschaften miteinander konkurrieren. Man bezahlt übrigens überall Eintritt wenn man ein College besichtigen möchte, das sollte man sich mal daheim in Berlin vorstellen ^^

Berühmte Absolventen dieser Colleges sind beispielsweise John Harvard, der später nach Amerika ausgewandert ist und die dortige Elite Uni Harvard in Boston gegründet hat. Außerdem auch Oliver Cromwell und Isaac Newton, ihr wisst schon, der mit der Schwerkraft und dem Apfel. Es gibt übrigens tatsächlich hier den Apfelbaum, unter dem er gelegen haben soll als er auf das Gravitationsgesetz geschlossen hat. Na wenn das kein Ansporn ist!

Wir sind ganz begeistert durch die Gassen geschlendert und haben uns die kleinen Lädchen angeschaut, man fühlt sich hier ein bisschen wie in einem Harry Potter Film!!


Leider – oder glücklicherweise – waren wir ja schon immer etwas „anders“, deshalb sind wir nicht auf einem dieser Colleges, sondern and der zweiten, wesentlich unbedeutneren Anglia Ruskin University, die ebenfalls in Cambridge ist. Allerdings möchte ich auch gar nicht wissen, wie hoch die Studiengebühren an den anderen Colleges sind, nachdem wir schon Gebühren in Höhe von fast 3 Monaten Einkommen für diese Uni zahlen müssen. Sie verkörpert trotz fehlender Tradition allerdings um einiges besser das Universitäts- bzw. Studentenleben als die Berufsakademie in Berlin. In der ersten Woche, der "Fresher's Weak" wurden sehr viele Veranstaltungen wie Kennenlern-Tage und Partys für die neuen Studenten organisiert. Das gab uns die Chance endlich mal das "echte" Studentenleben ohne Arbeit kennenzulernen - und man muss schon sagen, dass unsere Bezahlung beim dualen Studium mehr als gerechtfertigt ist. So fühlt sich also studentische Freizeit an - wir wussten in der ersten Woche ohne Unterricht gar nicht wohin mit unserer Zeit :)

Jetzt hat der Unterricht allerdings endlich begonnen und besteht aus ganzen 8 Wochenstunden - im Gegensatz zu einem 38 Stunden Vertrag plus IBM Privatarbeitszeitaufschlag daheim...

Ganz so entspannt ist es nicht, bei diesem Studienmodell werden dafür für jedes der vier Fächer 130 Stunden eigenständiges Lernen in der Bibliothek erwartet. Diese nutzen wir auch ganz gut aus, da wir froh sind uns mal ganz ohne ständigen Zeitdruck wie in der BA hier dem Wissensdrang hinzugeben und einfach mal 2 Stunden lang Zeitung zu lesen, Tee trinken und zu diskutieren. Ich hab das Gefühl jetzt schon mehr gelernt zu haben als in einem ganzen Semester in Berlin.


Diese Stadt und die Umgebung sind quasi zum wirklichen Studieren gemacht -

wir genießen es schon in vollen Zügen!



Home Sweet Home...

So - endlich der erste Bericht aus dem neuen Land, entschuldigt die Verspätung...

Vor 2 Wochen also sind wir früh morgens nach nur einer Stunde Flug in England gelandet, nach den langen Reisen nach Amerika und Asien kam es uns wie ein Katzensprung vor. Vom Flughafen London-Stansted sind wir bequem mit dem Zug durchs wunderschöne East Anglia nach Cambridge gefahren. Ich war bereits sehr begeistert von der Landschaft, die ungefähr mit der zuhause in Westfalen vergleichbar ist - viele Wälder, Hügel, grüne Wiesen und Kühe :) eine sehr willkommene Abwechslung nach den Betonbauten in New York. Man könnte meinen ich werde alt...

Cambridge ist so eine mittelgroße typisch englische Stadt mit 100.000 Einwohnern, davon 20.000 Studenten. Dementsprechend schwer hat sich unsere Wohnungsuche gestaltet, nach 3 Wochen Suche zuhause und noch mal 2 Tagen hier haben wir dann aber tatsächlich eine Traumwohnung ganz für uns gefunden. Wir hatten uns schon nach Erfahrungsberichten von anderen Studenten auf schlimmes eingestellt, da diese mangels Budget in entweder in Bruchbuden oder ganz weit außerhalb hier hausen mussten. Bei einer anderen Wohnungsbesichtigung wurde uns auch ganz schlagartig klar, das wir bei unserer jetzigen Wohnung sofort zugreifen müssen.

Man mag es kaum glauben, aber die Weaslys (aus dem Harry Potter Filmen) gibt es wirklich. Und es gibt auch ihr Haus, den "Fuchsbau". Der sieht genauso aus wie sich der Name anhört, und die Weaslys suchen auch ganz dringend Mitmieter, die den Bau bevölkern - nämlich uns. Die Wohnungsbeschriebung dieses Anbieters hat sich am Telefon super angehört und dementsprechend hoch waren unsere Erwartungen. Die wurden jedoch prompt zunichte gemacht, als mich am Eingang schon ein halber Meter hoher wolliger Hund begrüßt hat, der sein halbes Fell an meiner Hose abgerieben hat. Der hat sehr gemütlich in der offenen Wohnküche auf dem Sofa gewohnt, gleich neben der üppigen Pilzfarm und dem Kräutergarten (damit man nie wieder einkaufen gehen muss sondern gleich alles kochen kann). Die sehr netten und etwas extzentrische Mrs. Weasly hat uns dann stolz die 3 Stockwerke des Hauses gezeigt, auf jedem Stockwerk war etwa die Hälfte der 6 Zimmer Rumpelkammern. Die andere Hälfte Schlafzimmer für andere zeitweilige Bewohner des Fuchsbaus. Es gab sogar einen Duschraum - ja tatsächlich ein winziger Raum mit einem Duschkopf an der Decke, falls gleich mehrere zusammen duschen möchten. Bitte nicht luxuriös vorstellen, nach Information von Mrs. Weasly wurde seit 25 Jahren nichts mehr gemacht und so sah es auch aus. Unser Zimmer sollte das romantische Dachkämmerlein sein, in dem Marcel noch nicht mal gerade stehen konnte - und das für 600 Euro im Monat, ein Schnäppchen. Als wir nach gefühlten 10 Minuten Fußweg wieder draußen angekommen waren haben wir dann sofort bei unserer jetzigen Wohnung zugesagt und sind immer noch überglücklich damit.

Ich befürchte allerdings diese ist weniger spektakulär als der Fuchsbau, dafür sehr viel gemütlicher. Sie liegt nur 10 Minuten mit dem Rad von unserer Uni weg in einem kleinen Häuschen in einer sehr ruhigen Wohngegend. Wir haben eine Etage mit einem großen Wohn- und Schlafzimmer, Küche und Bad ganz für uns, ca. 40 m². Nachdem Marcel die Küche mit dem großen grünen französichen Gasherd mit 8 Kochplatten und 4 kleinen Öfen gesehen hat, hab ich ihn kaum noch aus der Küche bekommen. Nachdem er dann das erste Mal gekocht hat, hab ich ihn auch dort gelassen - was kann mir besseres passieren :)? Er kann sich dort voll ausleben und der große Kühlschrank bietet genug Platz für all unsere geliebten Schlemmereien. Das Wohnzimmer besteht aus unserem großen bequemen Bett, einem Sofa und 2 Sesseln und noch einer Zusatzmatratze für den Besuch, der hoffentlich bald kommt. Ein Fernseher bietet Möglichkeit für kuschlige Filmabende - die drängen sich beim englischen Wetter hier auch quasi auf.
Und außerdem unser Highlight - ein richtiger Ofen mit Feuerholz!! Wir sind zwar noch keine Meister im Feuer machen bzw. Feuer erhalten, versuchen es aber jeden Abend hochmotiviert von neuem.
Wir haben dann unser Heim auch gleich mit einer Platte mit dem mitgebrachten Käse vom Nieheimer Käsemarkt im guten alten Ostwestfalen und der guten Ahle Wurscht aus Nordhessen eingeweiht - einen großen Dank an die willigen Subventionierer daheim, Ihr habt uns das Leben gerettet!! Außerdem die Bitte um Nachschub, leider knabbern wir bereits an den letzten Enden herum. Da wir jetzt ausnahmsweise mal in der EU geblieben sind, ist der Postversand auch gar nicht so teuer :)

Alles in allem - wir lieben unsere Wohnung, und nach Berichten unserer Kommilitonen von deren Wohnheimen und anderen Behausungen schätzen wir sie umso mehr. Ich kann euch gar nicht sagen wie wunderschön es ist nach New York mit einer beengten 6er WG sein eigenes Bad, Kühlschrank und Ruhe zu haben, ich habe am ersten Wochenende auch gleich erst mal einen halben Tag durchgeschlafen. Ein gelungener Auftakt für ein entspannendes und lernintensives Wintersemester in Cambridge.